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Jean Tinguely: Leben ohne Stillstand

Eisen, Zahnräder, Motorenöl, Lärm und Bewegung. Dies sind die Zutaten, mit denen der Schweizer Künstler Jean Tinguely bekannt wurde. Vor 30 Jahren ist «Jeannot» gestorben. Die Dokumentation der Bibliothek am Guisanplatz BiG beleuchtet seinen Werdegang.

02.08.2021 | Bibliothek am Guisanplatz, Mathias Kobel

Der Fasnachts-Brunnen von Jean Tinguely auf dem Theaterplatz in Basel (Bild: Andreas Zimmermann, Basel Tourismus).
Der Fasnachts-Brunnen von Jean Tinguely auf dem Theaterplatz in Basel (Bild: Andreas Zimmermann, Basel Tourismus).

Jean Tinguely, ein Hauptvertreter der kinetischen Kunst, wird als Einzelkind des Magaziners Charles Célestin Tinguely und Jeanne Louise Tinguely-Ruffieux 1925 in Fribourg geboren.In der kinetischen Kunst ist die Bewegung Bestandteil des Kunstwerks, das durch sich selber oder durch einen Elektromotor angetrieben wird.

Die Jugend verbringt Jean Tinguely in Basel, wo er 1941 eine Lehre als Dekorateur beim Warenhaus Globus beginnt und nach kurzer Zeit wegen Missachtung der Hausordnung entlassen wird. 1945 absolviert Tinguely als begeisterter Mitrailleur die RS in Liestal.

Er besucht Abendkurse an der Basler Kunstgewerbeschule und gestaltet als freischaffender Dekorateur ab Mitte der 1940er-Jahre das Schaufenster eines Optikers mit Drahtfiguren, die für Aufsehen sorgen.

Paris - Nevada - Lausanne

1953 zieht der Künstler mit seiner ersten Frau und Künstlerin Eva Aeppli (1925 – 2015) nach Frankreich. Hier realisiert «Jeannot» die «Machines à dessiner» – bewegliche Maschinen aus Metall, die per Knopfdruck zufällige Zeichnungen auf Papier fabrizieren.

Bald darauf entstehen die «Méta-matics», grosse Zeichenmaschinen, welche die Zuschauer selbst betätigen können und die der Künstler während der ersten Pariser Biennale 1959 präsentiert. In Paris schliesst er sich den Nouveaux Réalistes an, einer Künstlergruppe bestehend unter anderem aus Daniel Spoerri (*1930), Yves Klein (1928 – 1962) sowie Niki de Saint Phalle (1930 – 2002), Künstlerin und zweite Ehefrau von Tinguely.

Am 21. März 1962 zeigt Tinguely zusammen mit Niki de Saint Phalle die Performance «Study for an End of the World No. 2» am Jean Dry Lake, einem ehemaligen Testgelände des amerikanischen Militärs in der Wüste Nevadas. Auf Schrottplätzen in und um Las Vegas sammelt das Paar zuvor Material, das später mittels Fernzündung gesprengt wird. Ein Fernsehteam der NBC begleitet die Aktion und sorgt für die mediale Aufmerksamkeit.

Aus Altmetall, Stahlrädern, Eisenrohren und Elektromotoren fertigt Tinguely 1963/64 «Heureka», seine erste öffentliche 8 Meter hohe Skulptur, die im Rahmen der Expo 64 in Lausanne gezeigt wird und heute beim Zürichhorn steht.

Faszination Bewegung

Gross und Klein faszinieren die durch Motoren angetriebenen Maschinen von Tinguely. 1969 lässt der Künstler im Schaufenster des Berner Warenhauses Loeb mit seiner kinetischen Skulptur «ROTOZAZA No. 3» Geschirr am laufenden Band zerschlagen.

Zeitlebens interessiert sich «Jeannot» für den Rennsport und Boliden. Er ist ein enger Freund des Freiburger Rennfahrers Jo Siffert (1936 – 1971) und besucht leidenschaftlich Formel 1-Rennen.

Kunst und Leben

Mit fantasievollen Ausstellungen, die oftmals in Zusammenarbeit mit Künstlerfreunden entstehen, wird Tinguely international bekannt.

1990 hat Tinguely ein Gastspiel im «Haus der Künstler» in Moskau. Die Ausstellung mit 40 grossen Arbeiten wird von der Kulturstiftung Pro Helvetia gefördert und vom damaligen Bundesrat Adolf Ogi mit einer Ansprache am 5. April eröffnet.

Gemeinsam mit Niki de Saint Phalle realisiert Tinguely mehrere Brunnen («Fontaines»), wie beispielsweise den Strawinsky-Brunnen beim Centre Georges Pompidou in Paris.

In seinen letzten Jahren arbeitet der Künstler in seinem Atelier in einer stillgelegten Fabrik in La Verrerie in der Romandie. 1991 stirbt Tinguely an einer Herzkrankheit. 10'000 Menschen und mehrere Bundesräte begleiten den Trauerzug am 4. September 1991 in Fribourg.

Ein Grossteil der Skulpturen des Künstlers befinden sich heute im Museum Tinguely in Basel und im Espace Jean Tinguely - Niki de Saint Phalle in Fribourg.


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