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50 Jahre Frauenstimmrecht: Ein langer Weg zu mehr Gleichberechtigung

Vor 50 Jahren führte die Schweiz auf nationaler Ebene das Stimm- und Wahlrecht für Frauen ein und war dabei eines der letzten Länder Europas. Die Dokumentation der Bibliothek am Guisanplatz BiG beleuchtet den steinigen Weg der Schweizer Frauen im Kampf um dieses wichtige Recht.

15.03.2021 | Bibliothek am Guisanplatz, Mathias Kobel

Als am 1. März 1969 rund 5’000 Frauen und Männer auf dem Bundesplatz in Bern mit Trillerpfeifen für die Einführung des Wahl- und Stimmrechts auf eidgenössischer und kantonaler Ebene demonstrierten, war nicht klar, was für eine Signalwirkung dieser «Marsch auf Bern» im Parlament haben würde. Emilie Lieberherr (1924-2011), Präsidentin des Organisationskomitees und 1970 erstes weibliches Mitglied der Zürcher Stadtregierung, forderte in ihrer Rede vor dem Bundeshaus «das volle Stimm- und Wahlrecht für die Frauen sowie die rechtliche Gleichstellung der Geschlechter als Voraussetzung für die Verwirklichung der Menschenrechte».

Hintergrund dieser Demonstration war der Beitritt der Schweiz zum Europarat 1963, der ohne Unterzeichnung der Menschenrechtskonvention (EMRK) vollzogen wurde. Diese Konvention sieht vor, dass die Menschenrechte sowie die politischen Rechte der Frauen respektiert werden.

Volksabstimmung wird vorbereitet

Der Marsch führte dazu, dass das wichtige Dossier «Frauenstimmrecht» endlich ernst genommen wurde. Ludwig von Moos (1910-1990), damaliger Bundespräsident, versprach vier Tage später eine Volksabstimmung zum Stimmrecht vorzubereiten. Die Vorlage passierte die Eidgenössischen Räte ohne Gegenstimme und der Grossteil der Parteien empfahl sie zur Annahme.

Am 7. Februar 1971 fand die Volksabstimmung für das eidgenössische Stimm- und Wahlrecht für Frauen statt. Plakate mit dem Slogan «ein Ja für die Frau» und einem farbigen Blumenstrauss als Symbolbild begleiteten die Abstimmung. Mit einer Beteiligung von 57,7 Prozent und 621'109 Ja- zu 323'882 Nein-Stimmen wurde das Stimm- und Wahlrecht für Frauen angenommen. In der Wintersession 1971 begannen die ersten zwölf Parlamentarierinnen ihre Arbeit im Bundeshaus: die Genferin Lise Girardin (1921-2010) im Ständerat und weitere elf Politikerinnen im Nationalrat.

Vorkämpferinnen

Der Einführung des Frauenstimmrechts auf Bundesebene ging ein langer Weg voraus. Bereits 1886 schrieb Meta von Salis (1855-1929), Historikerin und Frauenrechtlerin, in der Züricher Post den Artikel «Ketzerische Neujahrsgedanken einer Frau», in dem sie erstmals die Gleichberechtigung und das Stimm- und Wahlrecht für die Frau forderte.

1896 fand in Genf der erste Kongress für die Interessen der Frau statt, an dem neben Erziehungsfragen auch die politische Partizipation der Frau diskutiert wurde. Vor dem Hintergrund einer europaweiten Bewegung für Gleichberechtigung schlossen sich 1909 kantonale Stimmrechtsvereine zum Schweizerischen Verband für Frauenstimmrecht (SVF) zusammen mit dem Ziel des vollen Stimmrechts für die Frau.

Erster Weltkrieg bringt keine Änderung

In mehreren Nachbarländern wurde den Frauen bereits während oder nach dem Ersten Weltkrieg erlaubt, sich direkt an Wahlen zu beteiligen. 1918 reichten der Freisinnige Emil Göttisheim (1863-1938) und Herman Greulich (1842-1925), Sozialdemokrat, je eine Motion für die Gleichberechtigung von Schweizerbürgerinnen ein. Die Anträge gelangten 1919 an den Bundesrat und wurden nicht weiter behandelt.

Grosse Aufmerksamkeit erzeugte 1928 der Eröffnungsfestzug der ersten Schweizerischen Ausstellung für Frauenarbeit (SAFFA) in Bern, bei dem eine gigantische Schnecke als Symbol für die Langsamkeit der Politik im Umgang mit dem Frauenstimmrecht verwendet wurde.

Grosse Niederlage bei erster Abstimmung

1959 wurde in der Schweiz erstmals über ein Frauenstimm- und Wahlrecht abgestimmt, nachdem der Bundesrat 1957 die Botschaft über die Einführung des Wahlrechts für Frauen formulierte. Mit 645'939 zu 323'727 Stimmen lehnten die (männlichen) Stimmberechtigten den Bundesbeschluss ab.

Erst 1971 wurde schweizweit das Stimm- und Wahlrecht für Frauen eingeführt und damit ein zentraler Zwischenschritt auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung vollzogen.

Zum Jubiläum des Frauenstimmrechts in der Schweiz finden mehrere Sonderanlässe statt. Die Bibliothek am Guisanplatz bietet ausleihbare Fachliteratur zur Geschichte des Frauenstimmrechts.


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