Zum Hauptinhalt springen

MitteilungVeröffentlicht am 14. Juni 2019

Für Körper und Geist: Eine Geschichte der Verpflegung in der Schweizer Armee

Entgegen ihrem Ruf als Käsenation versorgte die Schweiz ihre Wehrmänner lange Zeit kaum mit Milchprodukten. Trotzdem war es die Armee, die dem Fondue zu seiner Stellung als Nationalspeise verhalf.

Die Dienstleistenden mit geeigneter Verpflegung einsatzfähig zu halten, ist selbstverständlich stets von höchster Wichtigkeit. Vor hundertfünfzig Jahren mussten sich die Wehrmänner allerdings mit einer sehr einseitigen Kost begnügen. Ausgewogene Ernährung und schmackhafte Rezepte verbesserten erst nach und nach Gesundheit und Laune der Dienstleistenden.

Im Normalfall bekam der Wehrmann 1870 während seines Dienstes gut 300 Gramm Kuh- oder Rindfleisch und 750 Gramm Brot als Ration – und dies täglich! Zwar noch fleischlastiger (375 Gramm pro Person), aber insgesamt abwechslungsreicher und reichhaltiger, wurde die Verpflegung ab 1880, indem neu wahlweise 150 Gramm Hülsenfrüchte, Teigwaren, Reis oder Kartoffeln als sogenanntes Gemüse dazu auf den Tellern landeten.

Ebenfalls als Novum erwähnt das Verwaltungsreglement den Anspruch auf je 15 Gramm Kaffee und Zucker sowie 30 Gramm (!) Salz pro Person und Tag.

Ausgewogenere Ernährung und schmackhafte Rezepte für die Truppenmoral

Besonders geschmeckt haben dürfte das einseitige Essen übrigens nicht. Erst um 1900 erliess die Armee nämlich erste Zubereitungsvorschriften für die Speisen, die Urform des heute variantenreichen Kochbuchs der Armee (Reglement 60.006) war geboren!

Interessanterweise findet sich in den Reglementen bis dahin nirgends ein Hinweis auf die regelmässige Verwendung von Milchprodukten, obwohl beispielsweise der Nutzen von Käse wegen dessen Haltbarkeit für die Soldatenverpflegung seit Jahrhunderten bekannt war.

Erst um 1930 herum verbesserte die Armee auf äusseren Druck nach und nach die Ernährung der Dienstleistenden. Sie setzte beispielsweise auf Initiative von Dr. med. F. Bircher mehr Gemüse und Früchte auf den Speiseplan.

Wie das Fondue Schweizer Nationalspeise wurde

Mehr Milchprodukte auf den Tellern propagierte zur gleichen Zeit die Schweizerische Käseunion: Als während der Weltwirtschaftskrise der Käseexport zusammenbrach, lancierte sie ein nationales Fondueprogramm, welches den Angehörigen der Armee den geschmolzenen Käse landesweit schmackhaft machte.

Das Fondue nahm so den Sprung über den Röstigraben und entwickelte sich mit gewissen regionalen Unterschieden zu einer Nationalspeise. Diese Verbreitung brachte noch einen interessanten und sonst selten gesehenen Nebeneffekt: Etliche Männer stellten sich an den Herd, um das aus der Dienstzeit liebgewonnene Fondue für die Familie zuzubereiten.

Literaturempfehlungen der BiG:

(BiG) Collection

Weiterführende Links:

Interview mit Stabsadjutant Marti zur aktuellen Schweizer Militärküche aus dem Magazin Salz & Pfeffer (2016)

Artikel "Einsatzverpflegung gestern – heute – morgen" (2018) aus der Wehrmedizinischen Monatsschrift mit Bezug auf die Entwicklung in der Schweiz

Artikel zur Geschichte des Fondues aus der Zeitung "Le Journal du Jura" (2009)

Verwaltung und Verpflegung der Schweizerischen Armee 1939-1945 von Hanspeter Dolder (2008)

Zeitschrift "Der Fourier" (1928-1998) digitalisiert

Artikel zum Umgang der Schweizer Armee mit veränderten Essgewohnheiten der Dienstleistenden (2009/Webarchiv)