Der Erdrutsch in Gondo
Vor 20 Jahren ereignete sich im Simplongebiet im kleinen Walliser Grenzdorf Gondo durch heftige Niederschläge ein zerstörender Erdrutsch. 13 Personen verloren ihr Leben und der Murgang riss mehrere Häuser mit sich ins Tal.
19.10.2020 | Bibliothek am Guisanplatz, Mathias Kobel

Ein massiver Erdrutsch aus Geröll und Schutt zerstörte im Herbst 2000 einen Drittel des Bergdorfes Gondo. Es starben 13 Menschen und zehn Gebäude wurden zerstört, so auch der Westteil des im 17. Jahrhundert gebauten Stockalperturms.
Andauernde Regenfälle im Tessin und Wallis anfangs Oktober 2000 führten zu Überschwemmungen des Lago Maggiore und mehrerer Flüsse im Wallis. In der Region um Gondo mass die Messtation zwischen dem 12. und dem 14. Oktober 2000 eine Niederschlagsmenge von 430 Liter pro Quadratmeter.
Gondo liegt an einer exponierten Stelle unterhalb des Berges Ruden-Tschuggen neben der Doveria, dem Fluss, welcher durch die Gondoschlucht abfliesst und den Nebenfluss Grosse Wasser aufnimmt.
Aufgrund der akuten Hochwassergefahr der Doveria schlug die Feuerwehr am Morgen des 14. Oktobers 2000 Alarm und evakuierte 40 Bewohner aus den gefährdeten Häusern neben dem Fluss. Sie wurden in die Zivilschutzanlage in Sicherheit gebracht. Währenddessen strömte schmutziges Wasser vom Steilhang oberhalb Gondo ins Dorf. Ein Feuerwehrmann ortete den Ursprung des Hangwassers – der Schutzdamm oberhalb der Ortschaft.
Durch die heftigen Niederschläge im Simplongebiet bildete sich hinter der Felswand oberhalb des Dorfes ein Wasserfilm, der talwärts floss und nach und nach den Boden aufweichte. Die vom Wasser durchtränkte Erde löste sich und kam in Bewegung. Unter dem enormen Druck der Schuttmasse gab der oberhalb des Dorfs fixierte, künstliche Schutzwall, der die Bevölkerung primär gegen Steinschlag schützte, nach. Innerhalb von Sekunden riss die Schlammlawine die tonnenschwere Betonmauer mit.
«Holt uns hier raus!»
Im unteren Dorfteil beschädigten die Schuttmassen und Geröll die Strassen und versperrten die Fluchtwege. Über den Lokalsender Radio Rottu wurde verzweifelt um Hilfe gebeten. 78 Menschen konnten selber aus Gondo nach Simplon Dorf flüchten. Die eingeschlossenen 40 Personen wurden durch Flüge per Hubschrauber gerettet.
Anstrengende Bergungs- und Aufräumarbeiten
Unmittelbar nach dem Murgang begannen Bergretter, Spezialeinheiten und Rekruten der Armee unter widrigsten Umständen mit den Bergungs- und Aufräumarbeiten. Die Arbeiten dauerten mehrere Wochen. Neben dem Verlust von 13 Menschen, die beim Unglück ums Leben kamen, betrug der Gesamtschaden der Unwetterkatastrophe in Gondo über 30 Millionen. Die Aufräumarbeiten wurden von einer erfolgreichen Spendeaktion der Glückskette begleitet. Rund 70 Millionen Schweizer Franken konnten für die unwettergeschädigten Personen gesammelt werden, 15 Millionen bekam Gondo für den Wiederaufbau.
Vor dem Neubau des Dorfzentrums und der Renovation des Stockalperturms wurde das Dorf zuerst durch neue Auffangnetze abgesichert und unterhalb des Felsens ein natürlicher Schutzdamm mit einer 3.5 Meter breiten Drainage, die das Wasser links und rechts wegleitet, gebaut.
Das zerstörte Dorf in den Schweizer Medien
Das kleine Walliser Grenzdorf erhielt durch die Unwetterkatastrophe eine grosse Medienpräsenz. Viele Schweizerinnen und Schweizer zeigten sich solidarisch mit der Bevölkerung von Gondo.
Literaturempfehlung der BiG:
Weiterführende Links:
- Die Unwetterkatastrophe von 2000 auf der Website der Gemeinde Gondo-Zwischbergen
- SF-Beitrag Schweiz aktuell «20 Jahre nach der Katastrophe» (2020)
- SF-Filmbeitrag DOK «Als die Schweiz den Atem anhielt: Der Erdrutsch von Gondo» (2011)
- SF-Beitrag Rundschau «Unwetterkatastrophe in Gondo» (2000)
- Film documentaire «Gondo sinistré» de RTS (2000)
- HLS-Artikel zu «Gondo»
3003 Bern
- Tel.
- +41 58 464 50 99